Kenwood TS-590Kenwood TS-590S

Erfahrungsbericht zum KW-/6-m-Transceiver

Dieser Bericht beruht auf der Benutzung des TS-590S von Kenwood im "richtigen Leben". Wer nach Messungen des Dynamikbereichs sucht, wird bei Rob Sherwood fündig. Der dort als Sortier-Kriterium verwendete Dynamikbereich in 2 kHz Abstand ist bei SSB-Betrieb allerdings irrelevant, da er von der sendeseitigen Intermodulation dabei immer überdeckt wird; er ist nur für CW und schmalbandige digitale Betriebsarten relevant. Und eine Spalte fehlt natürlich in seiner Tabelle - der Preis: Während sich alle Geräte der "Oberklasse" in den technischen Daten nur um wenige dB unterscheiden, sieht das bei ihren Preisen ganz anders aus.

Gut gemacht:

  1. Die Audio-Qualität des Empfängers ist exzellent, auch in lauten Spitzen sind keine Verzerrungen zu hören.
  2. Starke Nachbarsignale können einfach durch Anpassen der oberen und unteren DSP-Grenzfrequenz ausgeblendet werden.
  3. Im Vergleich zum TS-480 sind die Filter wesentlich steiler, verursachen aber kein Klingeln; die Selektivität ist ausgezeichnet.
  4. Das ZF-basierte Notch-Filter kann auch sehr starke Träger (S9+) vollständig ausblenden.
  5. Der Noise-Blanker (NB2) schafft es, einen Überhorizont-Radar-Puls von S9+20 dB auf S1 zu reduzieren - fantastisch!
  6. Der eingebaute Automatik-Tuner ist offensichtlich mit dem des TS-480SAT identisch: schnell und effektiv.
  7. Die Rausch-Reduzierung (NR1) ist wesentlich effizienter als beim TS-480 und produziert keinen Blechdosen-Klang.
  8. Mit MENU A/B kann man zwischen zwei Menü-Profilen wählen, z.B. unterschiedliche RX-/TX-Equalizer für Sprache und Daten ("Flat" ist für Daten sinnvoll).
  9. Der Knopf [CW Tune] stimmt auf das stärkste CW-Signal ab und macht den Sender mit einem Tastendruck 100 % transceive.
  10. Die Empfänger-AGC ist in 20 Stufen einstellbar; bei geringer Geschwindigkeit wird das Hochregeln in Sprachpausen vermieden.
  11. Die zwei Lüfter (die ohnehin nur nach längerer Sendung anspringen) sind sehr leise und kaum wahrnehmbar.
  12. Ein USB-Sound-Interface ist eingebaut. Nie war es einfacher, z.B. PSK31 zum Laufen zu bringen: Man braucht nur einen PC, ein USB-Kabel und eine Software wie z.B. FLDIGI.
  13. Die Windows-Software ARCP-590 erlaubt unter anderem auch eine Spektrumsanzeige für ein bis zu 200 kHz breites Frequenzsegment; ein Klick darauf setzt die Empfangsfrequenz. (Größere Segmente sind einstellbar, liefern aber ein irreführendes Spektrum. Der Empfänger ist während des Scan stummgeschaltet.)

Probleme:

  1. Während z.B. der TS-480 sendeseitig ab Werk eine perfekte Sprachqualität bietet, muss man beim TS-590 erst ein wenig mit dem TX-Equalizer und der oberen bzw. unteren Audio-Grenzfrequenz spielen, damit er klar und rein klingt.
  2. Wie schon beim Vorgänger TS-570 bekommt der Multi/Ch-Knopf nach einiger Zeit Kontaktprobleme und springt beim Drehen teilweise in die falsche Richtung. (Offenbar hilft es dann, ihn ein paar Mal schnell herumzudrehen.)
  3. Der RIT-/XIT-Drehknopf ist ein wenig zu empfindlich; es ist schwierig, die richtige Einstellung zu treffen, wenn vorher nicht die Fine-Funktion aktiviert wird.
  4. Die Scan-Funktion hält nur im FM-Modus bei gefundenen Signalen an, was sie für AM und SSB praktisch unbrauchbar macht.
  5. Das S-Meter ist in der Betriebsart FM irreführend, es zeigt bereits schwache Signale als S9+20 oder mehr an.
  6. Wie schon seine Vorgängertypen merkt sich auch der TS-590S leider nicht für jedes Band getrennt, ob die ATU eingeschaltet sein soll oder nicht.
  7. Es wäre praktisch, wenn die Rx-/Tx-Equalizer im DATA-Modus automatisch deaktiviert würden.
  8. Die Höhe des Programmfensters der Software ARCP-590 ist für ein typisches Netbook-Display mit 1024 x 600 Pixeln etwas zu groß.
  9. Während man mit dem ARCP-590-Programm Speicherfrequenzen und Menüfunktionen speichern und wiederherstellen kann, um Datenverlust bei einem Firmware-Upgrade zu vermeiden, gehen einige Parameter wie ATU, AGC, Filterbandbreite, Mikrofon-Empfindlichkeit und Sprachprozessor-Pegel trotzdem verloren.

Fazit:

Kenwood hat einen Transceiver auf dem Stand der Technik zu einem erschwinglichen Preis herausgebracht. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist exzellent und resultiert wohl auch daraus, dass Kenwood das neue Konzept mit niedriger erster ZF (11 MHz) nur für die kritischen KW-Bänder benutzt, wodurch die Zahl der nötigen Bandpässe am Eingang begrenzt bleibt: Sie müssen die Spiegelfrequenz im Abstand von 22 MHz unterdrücken. Auf den anderen Bändern (6, 10, 12, 17, 30 m) und dann, wenn die nötige Empfangs-Bandbreite etwa für AM oder FM größer als die des Roofing-Filters bei 11 MHz ist, wird eine erste ZF von 70 MHz benutzt. Diese zwei Konzepte in einem Gerät zu vereinen, ist eine gute Idee und ermöglicht auch einen durchgehenden Empfänger, den teilweise teurere Mitbewerber wie der K3 von Elecraft nicht bieten.

Mehr Informationen:

  1. Wenn man den Transceiver in einer typischen Heim-Umgebung mit halbwegs konstanter Raumtemperatur benutzt, ist die Drift auf 28 MHz etwa eine Stunde nach dem Einschalten unter 100 Hz (beim Betrieb in einem Fahrzeug oder Zelt vermutlich mehr), mit dem optionalen TCXO unter 10 Hz.
  2. Der Eindruck, dass in SSB die Ausgangsleistung deutlich weniger als 100 W beträgt, ist falsch und resultiert daraus, dass die meisten Wattmeter ebenso wie die interne Leistungsanzeige des Geräts nicht PEP, sondern die durchschnittliche Leistung anzeigen. Dies wird auch im Handbuch unter "Fehlersuche" beschrieben und lässt sich mit einem Oszilloskop anhand der Hüllkurve leicht nachweisen.
  3. Der virtuelle COM-Treiber für den PC muss installiert werden, bevor man den Transceiver das erste Mal mit dem PC verbindet, sonst versucht Windows, einen (ungeeigneten) eigenen Treiber zu installieren.
  4. Wenn das Firmware-Update-Programm beim Start eine Fehlermeldung anzeigt, sollte zuerst die Software ARCP-590 von Kenwood installiert werden; sie bringt die erforderlichen Microsoft-NET-Runtime-Dateien mit, die auch das Firmware-Update benötigt.
  5. Ein Komplett-Reset (Einschalten mit gedrückter A/B-Taste) scheint nach einem Firmware-Update nicht immer unbedingt nötig zu sein, auch wenn Kenwood ihn empfiehlt; so erspart man sich die Neuprogrammierung von Menüfunktionen.
  6. Bei der Verwendung eines älteren PSK-/RTTY-Programms erscheint der TS-590 womöglich noch nicht in der Liste unterstützter Transceiver. In diesem Fall kann man das kompatible Modell TS-480 auswählen. RTS und DTR sollten in der Software fest auf +12 V eingestellt werden. Zur Sendersteuerung muss die Software-PTT verwendet werden, RTS/DTR funktioniert dafür beim virtuellen USB-Port nicht. Mit dem Sound-Mixer von Windows sollte man den Sendepegel soweit reduzieren, dass die ALC-Anzeige nahe Null ist. Und nicht zu vergessen: Im Transceiver-Menü muss als Data-Port USB statt ACC2 eingestellt werden.
  7. Wer mit dem Sprachmodul VGS-1 bei gespeicherten Texten automatisch auf Sendung gehen möchte, die Vox aber fürs Mikrofon nicht benutzen will, kann die Vox einschalten und die Vox-Gain auf Null stellen.
  8. Bevor Sie sich über vermeintliche Pfeifstellen unterhalb von 0,5 MHz beklagen, verwenden Sie probeweise eine Autobatterie statt eines Schaltnetzteils...

Hersteller des TS-590S: Kenwood